EuGH, Urteil vom 15.09.2022, Rs.: C-416/21

Eine Vergabestelle (VS) schrieb Busverkehrsdienstleistungen aus. Ein Kaufmann (K), der unter dem Namen seiner Firma auftrat, gab ein Angebot ab. K war zugleich Alleingesellschafter und Geschäftsführer einer GmbH (G), die ebenfalls ein Angebot abgab. VS schloss K und G wegen Verstoß gegen den Geheimwettbewerb und Wettbewerbsfälschung aus. Die Vergabekammer entschied, dass der alleinige Ausschlussgrund des § 124 Abs. 1 Nr. 4 GWB (Umsetzung des Art 57 Abs. 4 lit. d) Richtlinie 2014/24/EU) nicht greife, da K und G eine wirtschaftliche Einheit bilden und damit nicht gegen das Kartellverbot nach Art. 101 AEUV verstoßen. Auf Beschwerde der VS hin, legte das OLG dem EuGH verschiedene Fragen zur Reichweite der Richtlinie vor.

Der EuGH entschied, dass Art. 57 Abs 4 lit. d) der Vergabe-Richtlinie nicht auf Verstöße gegen das Kartellrecht beschränkt ist. Dafür sind jedoch wettbewerbswidrige Vereinbarung zwischen mindestens zwei verschiedenen Wirtschaftsteilnehmern erforderlich. Sofern die Willensbildung im Wesentlichen über dieselbe natürliche Person läuft, liegen gerade keine verschiedenen Willensäußerungen vor. Des Weiteren zählt Art. 57 Abs. 4 der Vergabe-Richtlinie zwar die fakultativen Ausschlussgründe abschließend auf. Jedoch schließt dies nicht aus, dass nach dem Gleichbehandlungsgrundsatz Bieter ausgeschlossen werden können, deren Angebote trotz getrennter Abgabe weder eigenständig noch unabhängig seien. Diese Grundsätze gelten für verbundene Unternehmen sowie wirtschaftliche Einheiten.

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