BGH, Urteil vom 13.09.2022, Az.: XIII ZR 9/20
Eine Vergabestelle (VS) schrieb Rohbauarbeiten nach VOB/A 2016 aus. Einige Positionen sahen vor, dass der Auftragnehmer die Deponiegebühren für den Bodenaushub übernimmt. Andere wiederum sollte die VS tragen. In einzelnen Positionen lagen die Angebote der Bieter über dem 5- bis 9-fachen des Baukostenindexpreises. VS fragte die Bieter B1 und B2 danach, ob sie fälschlich die Kosten für die Deponiegebühren mit eingepreist hätten. B1 bejahte dies. B2 verneinte die Frage mit Verweis darauf, dass sein Angebot andernfalls wegen Abweichung von den Vergabeunterlagen auszuschließen wäre. Weitere Angaben zur Kalkulierung machte er nicht. VS erteilte B1 den Zuschlag. B2 war der Meinung, er hätte den Zuschlag bekommen müssen und verlangte entgangenen Gewinn. Vorinstanzlich hatte B2 Erfolg. Hiergegen richtete sich die Revision des B1.
Die Revision hatte Erfolg. Einen entgangenen Gewinn kann ein Bieter nur fordern, wenn er bei ordnungsgemäßem Fortgang des Verfahrens den Zuschlag erteilt bekommen hätte. Im konkreten Fall war jedoch nicht abschließend geklärt, ob das Angebot des B2 auszuschließen war. Dieser hatte auf das Aufklärungsverlagen der VS seine Kalkulation nicht ausreichend dargelegt. Die bloße Berufung darauf, dass sein Angebot bei Einbeziehung der Deponiegebühren gegen die Vergabeunterlagen verstoße, reicht hierfür nicht aus. Damit lässt sich nicht klären, ob B2 das Leistungsverzeichnis falsch verstanden hatte, die Gebühren einkalkuliert waren und er auf die Frage der VS gelogen hatte. Dies würde mit der damit einhergehenden Übervorteilung ein Verstoß gegen das Rücksichtnahmegebot darstellen, sodass B2 auszuschließen wäre.