OLG Naumburg, Urteil vom 03.06.2022, Az.: 7 U 6/22
Eine Kommune (K) beabsichtigte nach Ablauf des Konzessionsvertrags mit dem Wasserversorger (W), der die Wasserversorgung in einem Teilgebiet der K sicherstellte, den Abschluss eines neuen Konzessionsvertrags mit der S-GmbH (S). Bei S handelte es sich um eine 100%-ige Eigengesellschaft der K, die öffentliche Schwimmbäder betreibt, Wochenmärkte organisiert und die Straßenbeleuchtung betreut. Zudem stellte S die übrige Wasserversorgung im Gemeindegebiet sicher. Ohne vorherige Ausschreibung veröffentlichte K die Direktvergabe an S in Form der Ex-ante-Transparenzbekanntmachung i. S. d. § 135 GWB im EU-Amtsblatt. W klagte anschließend auf Feststellung der Unwirksamkeit des Vertragsschlusses mit S.
Die Klage hatte Erfolg. K hat ohne den vorherigen Ausruf zum Wettbewerb gegen das kartellrechtliche Diskriminierungsverbot verstoßen. Die Direktvergabe war zudem rechtswidrig, da die Voraussetzungen für eine Inhouse-Vergabe nicht vorlagen. Zu den Voraussetzungen zählt unter anderem, dass der Auftragnehmer im Wesentlichen für den kontrollierenden öffentlichen Auftraggeber tätig werden muss (sog. Tätigkeitskriterium). Bei der Bewertung kommt es auf die Marktferne an. Als Maßstab hat der EuGH eine Mindestquote von 90 % der auftraggeberbezogenen Tätigkeiten (Eigengeschäfte) festgelegt. Bei dem Bäder- und Saunabetrieb handelt es sich jedoch um Fremdgeschäfte, die insgesamt 20 % ausmachen, sodass die Wesentlichkeit nicht erfüllt ist.