EuGH, Urteil vom 26.01.2023, Rs.: C-682/21
Eine Vergabestelle (VS) beendete einen Auftrag über den Bau eines Mehrzweck-Gesundheitszentrums mit der Arbeitsgemeinschaft (ARGE) vorzeitig wegen einer erheblichen Pflichtverletzung des federführenden Mitglieds (M) in der Ausführungsphase. M sowie die vier weiteren Mitglieder der ARGE wurden daraufhin in eine zentrale Liste des Portals für unzuverlässige Auftragnehmer eingetragen. In diese Liste wurden nur unzuverlässige Auftragnehmer eingetragen. Für die Dauer der Eintragung waren die jeweiligen Unternehmen von der Teilnahme an neuen Vergabeverfahren ausgeschlossen. Die vier anderen Mitglieder der ARGE erhoben daraufhin Klage. Das Gericht legte dem EuGH die Frage vor, ob die automatische Eintragung der anderen Mitglieder mit dem Unionsrecht vereinbar ist.
Der EuGH stellte einen Unionsrechtsverstoß fest. Gem. Art 18 Abs. 1 der RL 2014/12 ist es verhältnismäßig, wenn Mitglieder einer Arbeitsgemeinschaft in die Liste eingetragen werden, denen ein erheblicher und dauerhafter Mangel bei der Ausführung eines Auftrags nachgewiesen werden kann. Allerdings muss bei einer Arbeitsgemeinschaft darauf geachtet werden, dass Mitglieder, denen kein Vorwurf gemacht werden kann, nicht automatisch mit eingetragen werden. Vielmehr muss ihr Verhalten vor der Eintragung unter Berücksichtigung aller relevanten Gesichtspunkte konkret und individuell beurteilt werden. Insofern besteht bei einer Arbeitsgemeinschaft, deren Beiträge nicht identisch sind, auch keine widerlegbare Vermutung.