VK Bund, Beschluss vom 07.07.2021, Az.: VK 2-65/21
Eine Vergabestelle (V) schrieb Bauleistungen im offenen Verfahren aus und gab Formblätter vor, insbesondere ein Angebotsschreiben. Die Teilnahmebedingungen sahen vor, dass nur die im Angebotsschreiben aufgeführten Preisnachlässe gewertet würden. Eine im Vergabeportal auszufüllende Deckblatt-Datei enthielt den Hinweis, dass diese ausschließlich für die elektronische Angebotsabgabe benötigt werde und nicht das Angebotsschreiben aus den Vergabeunterlagen ersetze. Der Bieter B1 gab im Angebotsschreiben einen prozentualen Preisnachlass an, das Deckblatt enthielt hierzu keine Angabe, sodass das Submissionsprotokoll den Angebotspreis des B1 zunächst ohne Rabatt auswies. V korrigierte dies im Rahmen einer Überprüfung. B1 bekam den Zuschlag. Hiergegen reichte der Bieter B2 einen Nachprüfungsantrag ein und machte geltend, dass B1 wegen widersprüchlicher Preisangaben auszuschließen sei.
Der Antrag hatte keinen Erfolg. Aufgrund der akkuraten Verfahrensdokumentation sei eine Preismanipulation ausgeschlossen. Aus der Deckblatt-Datei gehe unmissverständlich hervor, dass es nur auf den im Angebotsschreiben aufgeführten Preisnachlass ankomme. Gegen den Erklärungsgehalt des Deckblatts spricht seine Bezeichnung als auch die fehlende Auflistung als vorzulegende Vergabeunterlage. Im Wege der Auslegung sei unzweifelhaft der im Angebotsschreiben ausgewiesene Preisnachlass von B1 erkennbar. Maßstab der Auslegung einer Bietererklärung sei, wie ein mit den Umständen des Einzelfalls vertrauter Dritter das Angebot nach Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte verstehen musste und durfte. Vorliegend ergebe sich aus dem Leistungsverzeichnis des Angebots von B1 die eindeutige Willenserklärung, einen Preisnachlass zu gewähren.