EuGH, Urteil vom 17.05.2023, Az.: C-97/22

Ein Verbraucher (V) hatte den Unternehmer (U) mit Elektroarbeiten beauftragt. Den Vertrag schlossen die Parteien mittels Fernabsatz, wobei U vergas, den V über sein Widerrufsrecht zu belehren. Fünf Monate nach Auftragsausführung widerrief V den Vertrag und verweigerte die Bezahlung der Vergütung. U erhob daraufhin Klage. Das Landgericht stimmte dem Verbraucher zu, fragte sich jedoch, ob V Wertersatz leisten müsse. Dazu legte das Gericht dem EuGH die Frage vor, ob Art. 14 Abs. 5 der Verbraucherschutzrichtlinie (RL 2011/83) dahingehend auszulegen ist, dass Ansprüche des Unternehmers auf Wertersatz ausgeschlossen sind, wenn der Verbraucher nicht belehrt wurde und sein Widerrufsrecht erst nach Vertragserfüllung ausübt.

Der EuGH entschied, dass der Unternehmer bei unterbliebener Widerrufsbelehrung das Verlustrisiko trägt. Dem steht auch nicht entgegen, dass der Verbraucher den Widerruf erst nach Auftragsausführung ausgeübt hat. Nach dem Sinn und Zweck des Art 14 Abs. 4 a lit. i) und Art 14 Abs. 5 RL 2011/83 dürfen in einem solchen Fall für den Verbraucher keine Kosten entstehen, auch kein Wertersatz. Der hierdurch erzielte Vermögenszuwachs des Verbrauchers verstößt nicht gegen den Grundsatz des Verbots ungerechtfertigter Bereicherung. Die Richtlinie verfolgt ein möglichst hohes Verbraucherschutzniveau. Es wäre unzulässig, wenn dem Verbraucher durch den Widerruf Kosten entstehen, die so in der Richtlinie nicht ausdrücklich vorgesehen sind.