EuGH, Urteil vom 28.11.2023, Az.: C-148/22

Eine Arbeitnehmerin (AN) muslimischen Glaubens arbeitete in einer belgischen Gemeinde (G). Bei ihrer Tätigkeit als Büroleiterin hatte sie kaum Publikumskontakt und verzichtete bisher auf das Tragen religiöser Symbole während der Arbeitszeit. Anfang 2021 beantragte sie die Erlaubnis zum Tragen eines Kopftuches am Arbeitsplatz. G lehnte ihren Antrag ab. Infolgedessen änderte G die Arbeitsordnung und führte eine Verpflichtung zur „strikten Neutralität“ ein. Ab dem Zeitpunkt war allen Arbeitnehmern das Tragen weltanschaulicher oder religiöser Symbole untersagt, unabhängig davon, ob sie Publikumskontakt haben. Die AN fühlte sich diskriminiert und ging dagegen gerichtlich vor. Das belgische Arbeitsgericht legte die Frage dem EuGH vor.

Der EuGH antwortete, dass die Verpflichtung zur „strikten Neutralität“ von G als öffentliche Verwaltung ein rechtmäßiges und sachgerechtes Ziel darstellt. Infolge dessen darf eine öffentliche Verwaltung das sichtbare Tragen von religiösen und weltanschaulichen Zeichen verbieten, um ein vollständig neutrales Verwaltungsumfeld zu schaffen. Die Mitgliedstaaten verfügen über einen Wertungsspielraum bei der Ausgestaltung der Neutralität des öffentlichen Dienstes. Dabei ist sowohl ein allgemeines Verbot für alle Mitarbeiter als auch ein Verbot beschränkt auf Mitarbeiter mit Publikumsverkehr möglich. Eine Diskriminierung ist dann ausgeschlossen, wenn die Regelung allgemein und unterschiedslos auf das gesamte Personal der Verwaltung angewendet wird. Ob dies der Fall ist, unterliegt der Entscheidung der nationalen Gerichte.