OVG Weimar, Beschluss vom 29.07.2021, Az.: 4 EO 162/21

Ein Käufer (K) erwarb 2016 ein Grundstück. Für das Grundstück wurde zuletzt 2015 ein Wasserverbrauch von 115 m3 festgesetzt. Mit Bescheid von Oktober 2020 setzte der Zweckverband (ZV) für die Zeit von Oktober 2019 bis September 2020 Abwassergebühren i.H.v 7.666 EUR gegen K fest. ZV schätze den Zählerstand zum Bemessungsanfang anhand des zuletzt abgelesenen Wertes von 2015 auf 115 m3. 2020 wies der Stand des Wasserzählers 1.879 m3 auf. ZV wusste, dass K in Aserbaidschan lebte und das Grundstück unbewohnt war. K erhob Widerspruch. ZV könne weder davon ausgehen, dass der Zählerstand seit 2015 unverändert gewesen sei, da auch im Zeitraum vor dem Erwerb ein betriebsbereiter Wasseranschluss vorhanden war. Noch hat ZV zu irgendeinem Zeitpunkt die Ablesung des Zählerstandes verlangt. Er sei daher nicht zur Schätzung befugt gewesen. Die Klage hatte erstinstanzlich keinen Erfolg
Die Beschwerde hatte teilweise Erfolg. Zwar bestehen keine rechtlichen Bedenken an der Gebührenfestsetzung von 1.879 m3 anhand des ausgetauschten Wasserzählers. Allerdings begegnen der Zugrundelegung des 2015 abgelesenen Zählerstandes als geschätzter Anfangszählerstand erhebliche Zweifel. Allein der Umstand, dass die vorherigen Gebührenbescheide Bestandskraft aufweisen, berechtigt den ZV nicht, diese ohne weiteres als Anfangsbestand zugrunde zu legen. Eine Einwilligung seitens des K lag auch nicht vor. Daneben ist ein Zweckverband nur zur Schätzung befugt, wenn die Ablesung des Wasserzählers nicht ermöglicht wird. Zwar hatte der ZV nach einer erfolglosen Ablesung eine Selbstablesekarte im Hausflur hinterlassen. Jedoch war diese nicht bei K zugegangen, da das Haus sichtbar unbewohnt und unbewohnbar war und ZV Kenntnis darüber hatte, dass K nicht in Deutschland lebte.