BVerwG, Urteil vom 21.06.2023, Az.: 3 CN 1.22
Aufgrund der Corona-Pandemie führte der Verordnungsgeber in § 3 Abs. 1 S. 1 Sächsische Corona-Schutz-Verordnung ein generelles Versammlungsverbot ein. Danach waren alle Veranstaltungen, Versammlungen und sonstige Ansammlungen pauschal untersagt. Es konnten lediglich auf Antrag Ausnahmegenehmigungen insbesondere für Versammlungen in Sinne des sächsischen Versammlungsgesetzes vom zuständigen Landkreis oder der zuständigen Kreisfreien Stadt erteilt werden, sofern dies aus infektionsrechtlicher Sicht vertretbar war. Der Normenkontrollantrag eines Bürgers vor dem Sächsischen Oberverwaltungsgericht blieb zunächst erfolglos. Er zog anschließend vor das Bundesverwaltungsgericht.
Mit Erfolg! Das generelle Versammlungsverbot war unverhältnismäßig. Zwar konnte das Verbot auf das Infektionsschutzgesetz gestützt werden. Jedoch stand der verfolgte Zweck angesichts der konstituierenden Wirkung der Versammlungsfreiheit gem. Art. 8 Abs. 1 GG für eine freiheitlich-demokratische Grundordnung außer Verhältnis zur Schwere des Eingriffs. Die Ausnahmevorschrift des § 3 Abs. 2 SächsCoronaSchVO ließ nicht erkennen, unter welchen Voraussetzungen Versammlungen infektiologisch vertretbar waren und selbst für vertretbare Versammlungen stand die Entscheidung im Ermessen der Behörde. Der Verordnungsgeber hätte hier selbst entsprechende Regelungen treffen müssen.