BVerwG, Urteil vom 27.03.2024, Az.: 6 C 1.22
Anlässlich des AfD-Parteitags im Jahr 2016 hatte ein linkes Aktionsbündnis eine Versammlung angemeldet. Die Teilnehmer waren entweder vermummt oder trugen Einmalanzüge. Sie errichteten Barrikaden und zündeten Pyrotechnik. Dabei hielten sie unter anderem Plakate mit dem Titel „AfD-Parteitag verhindern – Nationalismus ist keine Alternative“ hoch. Am Messegelände kesselte die Polizei die Gruppe ein, fesselte die einzelnen Teilnehmer mit Kabelbindern und verbrachte sie zu einer provisorischen Gefangenensammelstelle, wo bis spät abends noch Personalien aufgenommen wurden. Ein Teilnehmer (T) wehrte sich gegen das Vorgehen. Das Verwaltungsgericht gab ihm Recht. Die Versammlung hätte erst gem. § 15 Abs. 3 VersG aufgelöst werden müssen. Der VGH nahm hingegen an, dass es sich um keine Versammlung, sondern um eine Verhinderungsblockade handelte und somit die Sperrwirkung des VersG nicht greift.
Die Revision des T hatte nur teilweise Erfolg. Entgegen der Auffassung der Vorinstanz handelte es sich bei der Blockade um eine Versammlung i.S.d. § 15 Abs. 3 VersG. Die Plakate und Sprechchöre dienten unzweifelhaft der öffentlichen Meinungskundgebung. Jedoch unterfällt die Versammlung nicht dem Schutzbereich des Art. 8 Abs. 1 GG. Die Versammlungsfreiheit gewährt nur das Recht, sich friedlich und ohne Waffen zu versammeln. Die Versammlung hatte jedoch von Anfang an einen unfriedlichen Charakter. Ist dies der Fall, bedarf es vor der Anwendung allgemein polizeilicher Maßnahmen keiner Auflösung gem. § 15 Abs. 3 VersG. Im Übrigen verwies das BVerwG die Sache zurück zur Vorinstanz. Der VGH war bzgl. der Maßnahmen nach der Einkesselung den Anforderungen an die richterliche Sachverhaltsaufklärung nicht nachgekommen.