BAG, Urteil vom 17.08.2023, Az.: 6 AZR 56/23

Ein Arbeitnehmer (AN) war bei einem Unternehmen (U) zur Herstellung von Stahl und Stahlerzeugnissen beschäftigt. Im März 2020 wurde für U das Insolvenzverfahren eröffnet. Vor dem Hintergrund einer geplanten Betriebsstilllegung schloss der Insolvenzverwalter (I) einen Interessenausgleich mit dem Betriebsrat, welcher die Kündigung der Belegschaft vorsah. Nach Unterzeichnung des Interessenausgleichs wurde das Arbeitsverhältnis des AN mit Schreiben vom 29.06.2020 betriebsbedingt zum 31. Mai 2021 gekündigt. Dagegen wandte sich der AN klageweise und führte an, dass eine Betriebsstilllegung zum Kündigungszeitpunkt noch gar nicht feststand. Darüber hinaus genieße er aufgrund einer behaupteten Schwerbehinderung besonderen Kündigungsschutz. Der Klage wurde vorinstanzlich stattgegeben. I legte Revision vor dem BAG ein.

Die Revision hatte Erfolg. Die Kündigung ist wirksam. Eine geplante Betriebsstilllegung stellt eine Betriebsänderung iSv. § 111 BetrVG dar. Wird ein Interessenausgleich geschlossen, der die Kündigung von Arbeitnehmern zur Folge hat, wird nach § 125 Abs. 1 Nr. 1 InsO vermutet, dass dies durch dringende betriebliche Erfordernisse gem. § 1 Abs. 2 KSchG bedingt ist. Die Betriebsänderung müsste sich zum Zeitpunkt des Interessenausgleichs bereits in der Planungsphase befunden haben. Dies wurde seitens I hinreichend dargelegt. Die Vermutungswirkung, dass die Kündigung aus dringenden betrieblichen Gründen erfolgte, konnte AN nicht widerlegen. Darüber hinaus konnte kein besonderer Kündigungsschutz wegen einer Schwerbehinderung festgestellt werden. Das Arbeitsverhältnis wurde mithin wirksam zum 31.Mai 2021 beendet.