OVG Magdeburg, Urteil vom 29.08.2023, Az.: 4 L 13/23
Ein Zweckverband (ZV) stellte zuletzt 2008 bei der unteren Wasserbehörde einen Antrag zur Befreiung von seiner Pflicht zur Trinkwasserversorgung gem. § 70 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 WG LSA. Konkret betraf der Antrag eine im Außenbereich gelegene Bungalowsiedlung. Das Gebiet umfasste 18 Grundstücke, bebaut mit ehemaligen DDR-Freizeitbauten. Lediglich 5 von 36 Anschlussnehmern waren mit Hauptsitz dort gemeldet. Die Trinkwasserversorgung erfolgte über eine kilometerlange marode Leitung. Der ZV war der Ansicht, dass die Erneuerung der Leitung einen unverhältnismäßig hohen Aufwand darstelle, welcher nicht auf die Allgemeinheit umgelegt werden könne, denn dies hätte eine Kostensteigerung von 900 Prozent zur Folge. Die Behörde wies den Antrag ab. Zur Begründung hieß es im Bescheid, dass die Trinkwasserversorgung auch über einen örtlichen Brunnen erfolgen könne. Die Errichtung eines solchen stelle keinen unverhältnismäßig hohen Aufwand dar. Der Widerspruch des ZV blieb erfolglos, sodass er anschließend Klage gegen den Landkreis erhob.
Die Klage des AZV hatte keinen Erfolg. Ein unverhältnismäßig hoher Aufwand liegt vor, wenn ein Ausmaß erreicht wird, bei dem die Kosten für die öffentliche Trinkwasserversorgung den sonst üblichen Aufwand erheblich überschreitet und unter Berücksichtigung des Gesamtaufwands der mit dem Anschluss erstrebte Erfolg für die Gewährleistung der Daseinsvorsorge der Trinkwasserversorgung nicht mehr tragbar erscheint. Gem. § 50 Abs. 1 S. 1 WGH gehört die Trinkwasserversorgung zur Daseinsvorsorge, sodass ein strenger Maßstab bei der Abwägung anzuwenden ist. Vorliegend ist nicht der Aufwand für ein Neubau der Leitungen als wirtschaftlichste Variante maßgeblich, sondern der Aufwand für die Errichtung einer semizentralen (örtlichen) Brunnenanlage. Zwar bleibt der Aufwand im Vergleich zum Nutzen hoch, jedoch sind die Individualinteressen der Anschlussnehmer besonders zu berücksichtigen. Des Weiteren genießen die Anschlussnehmer wegen der jahrelangen tatsächlichen Versorgung Bestandsschutz im Sinne des Art. 14 Abs. 1 S. 1 GG.