VG Magdeburg, Urteil vom 22.12.2021, Az.: 9 A 3/20 MD
Ein Wasser- und Abwasserzweckverband (ZV) beantragte bei der zuständigen Wasserbehörde (W) die Befreiung von seiner Trinkwasserversorgungpflicht gem. § 70 Abs. 1 Nr. 1 WG LSA für einen Teil seines Verbandgebiets. Der ZV führte zur Begründung an, dass sich das Gebiet im Außenbereich befindet und über eine 2.300 m lange, sanierungsbedürftige Leitung versorgt wird. Die Neubaukosten i.H.v. 750.000 EUR würden einen unverhältnismäßig hohen Aufwand darstellen und pro Einwohner übermäßig hohe Erschließungskosten von 8.952 EUR (vorher: 313 EUR) anfallen. W lehnte den Antrag unter Bezug auf den Vertrauensschutz bzgl. der Gewährleistung der Wasserversorgung ab. Zudem hielt W die Errichtung eines lokalen Brunnens durch die Bewohner selbst für unzumutbar. Der ZV erhob Klage.
Die Klage hatte keinen Erfolg. Die Kosten für die Leitungsneuverlegung stellen zwar einen unverhältnismäßig hohen Aufwand für den ZV dar, weshalb die Tatbestandsvoraussetzungen des § 70 Abs. 1 Nr. 1 WG LSA vorliegen. Doch der Behörde steht ein Ermessen zu. Bei der Interessensabwägung ist vor allem Art. 14 Abs. 1 GG, der auch die Anbindung des Grundeigentums an die Umgebung schützt, hinreichend Rechnung zu tragen. Zwar begründet allein die jahrelange Versorgung durch den ZV kein schützenswertes Vertrauen in den Fortbestand der Wasserversorgung. Jedoch ist die Eigenversorgung durch einen Brunnen aufgrund der nicht unerheblichen Errichtungskosten i.H.v. 157.000 zzgl. Erhaltungskosten für die Einwohner unzumutbar.