BGH, Urteil vom 22.06.2023, Az.: VII ZR 881/21
Wegen Rissen in den Betonelementen und Durchbiegungen der Fensterlamellen machte ein Bauherr (B) Ansprüche gegen einen Bauunternehmer (U) geltend. B leitete kurz vor Ablauf der Gewährleistungsfrist ein selbstständiges Beweisverfahren ein. Die erste Stellungnahmefrist lief bis zum 19.04.2013, wobei sich die Parteien hier nicht mehr über die Risse äußerten. Das Verfahren wurde bzgl. der Lamellen fortgesetzt und endete am 23.03.2015. Am 26.06.2015 erhob B Klage und verlangte für die Mängel einen Kostenvorschuss in Höhe von 829.200 EUR. U entgegnete, dass der Anspruch hinsichtlich der Risse verjährt war, da die Hemmung der Verjährung durch ein selbstständiges Beweisverfahren über mehrere Mängel hinsichtlich des jeweiligen Mangels mit der Beweiserhebung über diesen Mangel endet.
Der BGH hielt fest, dass ein selbstständiges Beweisverfahren grundsätzlich mit der sachlichen Erledigung der Beweiserhebung anderweitig im Sinne des § 204 Abs, 2 S. 1 Fall 2 BGB beendet ist. Hierbei ist für die Entscheidung über die sachliche Erledigung bei mehreren Mängeln das Ende der gesamten Beweisaufnahme maßgeblich. Als Wortlautargument kann § 204 Abs. 2 BGB herangezogen werden, der von der Beendigung des eingeleiteten Verfahrens spricht. Dieses Ergebnis entspricht zudem auch der Prozessökonomie. Es ist umständlicher und zeitaufwändiger, wenn der Bauherr wegen einzelnen Mängeln, deren Begutachtung bereits abgeschlossen ist, seine Ansprüche getrennt gelten machen müsste. Des Weiteren ist eine gütliche Einigung eher zu erwarten, wenn über alle Mängel Klarheit besteht und der Streit somit umfassend beendet werden kann.