BVerwG, Urteil vom 18.09.2024, Az.: 8 C 3.23
Der Bürgermeister (B) einer Stadt ist Mitglied im Aufsichtsrat einer Aktiengesellschaft, an der die Stadt mittelbar beteiligt ist. Der Stadtrat (A) verlangte vom (B) Einsicht in Unterlagen zu einer Aufsichtsratssitzung. B weigerte sich, die Unterlagen herauszugeben. Er berief sich auf seine gesellschaftsrechtliche Verschwiegenheitspflicht als Aufsichtsratsmitglied. A verklagte den B. Das Verwaltungsgericht gab der Klage teilweise statt. B müsse Unterlagen herausgeben, die keine Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse oder Informationen über vertrauliche Berichte und Beratungen enthalten. Die Berufung des B blieb ohne Erfolg. Daraufhin legte B Revision beim BVerwG ein und begründete den Schritt damit, dass das Berufungsurteil das Aktiengesetz verletze. Eine Berichtspflicht des Beklagten sei zu Unrecht angenommen worden. Auch sei der Stadtrat kein geeigneter Empfänger, da durch die Anzahl der Empfänger keine Vertraulichkeit gewährleistet werden könne.
Die Revision hatte keinen Erfolg. Das BVerwG folgte der Ansicht der Vorinstanzen. Die Freistellung von der Verschwiegenheitspflicht nach § 394 Satz 1 AktG erfordert keine besondere Vertraulichkeit des Berichtsempfängers. Der Stadtrat wird durch die Vorschrift nicht ausdrücklich als Berichtsempfänger ausgeschlossen. Diese Auslegung wird durch die Entstehungsgeschichte und den Zweck der Vorschrift gestützt, während Wortlaut und Systematik dem nicht entgegenstehen. Ziel der §§ 394 f. AktG ist es, die Kollision zwischen gesellschaftsrechtlicher Verschwiegenheit und öffentlichem Interesse an einer effektiven Beteiligungsverwaltung zu lösen. Die Sonderregelung passt das Verschwiegenheitsprinzip an die besonderen Anforderungen öffentlicher Unternehmensbeteiligungen an und ermöglicht die demokratische Kontrolle. B könne sich somit nicht auf seine Verschwiegenheitspflicht berufen.